Streetlife Tanzparcours - Samstagnacht, 02. Sept. 2000 - Abholpunkt vor dem Turmpalast (am Eschernheimer Turm) 24:00 Uhr, 0:30 Uhr, 1:00 Uhr, 2:00 Uhr - Teilnahme auf eigene Verantwortung, Getränke bitte mitbringen Party machen und damit politische Aussagen treffen statt politische Demonstrationen verwässern. next

Temporäre Hausbesetzung im Volksbildungsheim
Streetlife-Team verweigert die Teilnahme an der Nachttanzdemo

Frankfurt am Main, den 3. September 2000.

Während die Nachttanzdemo in der Nacht zum Sonntag weitgehend ohne politische Aussagen durch die Straßen zog, kam es wenige Meter abseits zu einer temporären Hausbesetzung. Umgeben von Polizei-Hundertschaften feierten sechs Stunden lang einhundert Menschen im ehemaligen Volksbildungsheim — und keiner hat was gemerkt.

Die Nachttanzdemo verkommt zunehmend zur Love Parade, die selbstzentriert als Repräsentationsplattform der teilnehmenden Institutionen dient. Schon die triviale Forderung der ersten, spontanen Nachtdemo vor Jahren, "Wir wollen Bier, auch nach vier!", birgt mehr politischen Inhalt als das vergleichsweise Statement "85 db — nee" der Nachttanzdemo 2000.

Darum hat sich eine Gruppe unter dem Namen Streetlife entschlossen, mit der Besetzung des Volksbildungsheimes auf die eigentliche Problematik aufmerksam zu machen. Wir fordern:

  • Förderung alternativer Wohn- und Kulturprojekte, eine politische Anerkennung des gesellschaftlichen Wertes solcher Initiativen.
  • Ein serviceorientiertes, bürgerfreundliches Umdenken der Ämter. Positives Herangehen: "Wie ist es machbar?" statt "Was spricht dagegen?".
  • Gleiche Rechte für alle. Warum Ausnahmen für Sven Väth und Hafentunnelrave, aber Repressalien für Space Place, franKFUrter schule, Schauraum, Kleinen Salon?
  • Unbürokratische Zwischennutzungsverträge für ansonsten jahrelang leerstehende Immobilien. Ähnlich der zentralen Stelle für Wohnraum könnte eine zentrale Koordinationsstelle für die Vermittlung solcher Objekte eingerichtet werden.

Es ist an der Zeit, zu erkennen, daß alternative Projekte eine Bereicherung der Gesellschaft darstellen, keine Bedrohung. Sie sind die Geburtsstätten von Innovationen in Kunst und Kultur. Es existiert z.B. schon heute eine kreative Vernetzung zwischen Bauwagenplätzen, Michael Barrax, Städelschülern und Studierenden der Hochschule für Gestaltung.

Eigeninitiative, respektvolles und verantwortliches Umgehen mit anderen werden hier gefördert — kameraüberwachte Glas- und Marmorpaläste in den Innenstädten mögen der wirtschaftlichen Repräsentation dienlich sein, aber sie bieten keine Atmosphäre, in der man wirklich leben wollte. Die Lebensqualität der Frankfurter macht sich an anderen Orten fest.

Darum gab es in der Vergangenheit unzählige Initiativen, sterile "Unräume" und urbane Industrieruinen vorübergehend umzuwidmen. Unvergessen ist die legendäre Sylvesterparty im obersten Stockwerk des Messeturm-Rohbaus, die Parties und das Piratenradio im alten Schlachthof, viele schöne Stunden in der ehemaligen US-Tankstelle an der A5, im Rohbau des Main-Towers, unter der Autobahnbrücke im Kaiserlei-Kreisel, in der Tiefgarage neben dem DGB-Haus, in ehemaligen US-Kasernen, die Feier in der Chefetage der jahrelang leerstehenden (und von der Stadt Frankfurt teuer angemieteten) Naxos-Hallen — und viele, viele mehr.

Wir werden weiterhin mit der Besetzung solcher Räume auf die verfehlte Stadtpolitik aufmerksam machen, bis auch der letzte Politiker den Wert unkonventioneller Wohn- und Kulturprojekte erkennt. Interessante Objekte gibt es in Hülle und Fülle: die alte Hauptpost auf der Zeil, die neue U-Bahn-Strecke Messe — Universität, den Neubau des Polizeipräsidiums...

Und so wird es weiterhin heißen: Betreten verboten — Eltern haften für ihre Kinder.